Hier sind einige Gedichte meines Lieblingsdichters Rilke
(... und hier gibt es noch mehr:
http://www.rilke.de/
http://rainer-maria-rilke.de/ )
Ich geh dir nach in tiefem Dirvertrauen.
Ich weiß deine Gestalt durch diese Auen
vor meinen ausgestreckten Händen gehen.
... Ich geh dir nach. Wohin dein Herz mich führe
frag ich nicht nach. Ich folge dir und spüre
wie alle Blumen deines Kleides Saum ...
Ich geh dir nach auch durch die letzte Türe,
ich folge dir auch aus dem letzten Traum ...
Du darfst nicht warten, bis Gott zu dir geht
und sagt: Ich bin.
Ein Gott, der seine Stärke eingesteht,
hat keinen Sinn.
Da mußt du wissen, daß dich Gott durchweht
sein Anbeginn,
und wenn dein Herz dir glüht und nichts verrät,
dann schafft er drin.
Nur fort von allen vielen,
welche das Leben spielen:
Das war mein blindes Zielen,
war ohne Sinn und Saum.
Jetzt weiß ich: Dir entgegen
trieb ich auf tausend Wegen
am Tage und im Traum.
Und du bist das Erlösen,
nach welchem ich in bösen,
bangen Fiebern schrie;
im Dicherkennen sanken
meine riesigen reifsten Gedanken
wie Kinder in die Knie.
Man muß nie verzweifeln, wenn einem etwas verloren geht,
ein Mensch oder eine Freude oder ein Glück;
es kommt alles noch herrlicher wieder.
Was abfallen muß, fällt ab; was zu uns gehört, bleibt bei uns,
denn es geht alles nach Gesetzen vor sich,
die größer als unsere Einsicht sind
und mit denen wir nur scheinbar im Widerspruch stehen.
Man muß in sich selber leben und an das ganze Leben denken,
an alle seine Millionen Möglichkeiten, Weiten & Zukünfte,
denen gegenüber es nichts Vergangenes und Verlorenes gibt.
Nennt ihr das Seele, was so zage zirpt
in euch ? Was, wie der Klang der Narrenschellen,
um Beifall bettelt und um Würde wirbt,
und endlich arm ein armes Sterben stirbt
im Weihrauchabend gotischer Kapellen,-
nennt ihr das Seele ?
Schau ich die blaue Nacht, vom Mai verschneit,
in der die Welten weite Wege reisen,
mir ist, ich trage ein Stück Ewigkeit
in meiner Brust. Das rüttelt und das schreit
und will hinauf und will mit ihnen kreisen ...
Und das ist Seele.
Der Panther
Dieses Gedicht hab ich als Kind mal gelesen und nie mehr vergessen - ich konnte es auswendig!
Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, daß er nichts mehr hält.
Ihm ists, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.
Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.
Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille.
und hört im Herzen auf zu sein.
Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen,
die sich über die Dinge ziehn.
Ich werde den letzten vielleicht nicht vollbringen,
aber versuchen will ich ihn.
Ich kreise um Gott, den uralten Turm,
und ich kreise jahrtausende lang;
und ich weiss noch nicht:
bin ich ein Falke, ein Sturm,
oder ein grosser Gesang.
Vor lauter Lauschen und Staunen sei still,
du mein tieftiefes Leben;
daß du weißt, was der Wind dir will,
eh noch die Birken beben.
Und wenn dir einmal das Schweigen sprach,
laß deine Sinne besiegen.
Jedem Hauche gib dich, gib nach,
er wird dich lieben und wiegen.
Und dann meine Seele sei weit, sei weit,
daß dir das Leben gelinge,
breite dich wie ein Feierkleid
über die sinnenden Dinge.
Liebeslied
Wie soll ich meine Seele halten, daß
sie nicht an deine rührt? Wie soll ich sie
hinheben über dich zu andern Dingen?
Ach gerne möchte ich sie bei irgendwas
Verlorenem im Dunkel unterbringen -
an einer fremden stillen Stelle, die
nicht weiterschwingt, wenn deine Tiefen schwingen.
Doch alles, was uns anrührt, dich und mich,
nimmt uns zusammen wie ein Bogenstrich,
der aus zwei Saiten eine Stimme zieht.
Auf welches Instrument sind wir gespannt?
Und welcher Geiger hat uns in der Hand?
oh, süßes Lied.
Einmal am Rande des Hains
stehn wir einsam beisammen und sind festlich,
wie Flammen - fühlen: Alles ist Eins.
Halten uns fest umfasst;
werden im lauschenden Lande durch die weichen Gewande
wachsen wie Ast an Ast.
Meine Seele spürt, dass wir am Tore tasten.
und sie fragt dich im Rasten:
Hast du mich hergeführt ?
Und du lächelst darauf so herrlich und heiter
und: bald wandern wir weiter: Tore gehn auf ...
Die Liebende
Das ist mein Fenster. Eben
bin ich so sanft erwacht.
Ich dachte ich würde schweben.
Bis wohin reicht mein Leben,
und wo beginnt die Nacht?
Ich könnte meinen, alles
wäre noch ich ringsum;
durchsichtig wie eines Kristalles
Tiefe, verdunkelt, stumm.
Ich könnte auch noch die Sterne
fassen in mir; so groß
scheint mir mein Herz; so gerne
ließ es ihn wieder los,
den ich vielleicht zu lieben,
vielleicht zu halten begann.
Fremd wie nie beschrieben
sieht mich mein Schicksal an.
Was bin ich unter diese
Unendlichkeit gelegt,
duftend wie eine Wiese
hin und her bewegt,
rufend zugleich und bange,
daß einer den Ruf vernimmt,
und zum Untergange
in einem anderen bestimmt.